pro O. Argumente _ Förderung Semesterticket für Studierende

pro O. Argumente _ Förderung Semesterticket für Studierende

Beim Tagesordnungspunkt 7 der 38. Gemeinderatssitzung war für die Liste pro O. die Begründung des Antrages nicht nachvollziehbar, bzw. nicht ausreichend. Die Tatsache, dass in diversen anderen Gemeinden eine derartige Förderung gewährt wird, sagt noch nichts über die Sinnhaftigkeit/Richtigkeit einer solchen Förderung für die Gemeinde Ottensheim aus. Daher haben wir drei  Szenarien einer derartigen Förderung diskutiert. Auf Basis dieser Diskussion stimmten 6 pro O. MandatarInnen gegen den Antrag, 1 stimmte für den Antrag und eine Gemeinderätin enthielt sich der Stimme.

Szenario 1: „Förderung von Studierenden“

Mit der Förderung des Semestertickets sollen Studierende aus Ottensheim unterstützt werden, damit sie besser, freier studieren können.

  • Wir zählen Förderungen dieser Art (Studienbeihilfen) nicht unbedingt zu den Kernaufgaben einer Kommune. Diese Aufgaben müssen auf anderen Ebenen wahrgenommen werden. Die Gemeinden können nicht als Lückenbüßer für Versäumnisse in der Förderpolitik des Bundes und des Landes den Geldhahn aufdrehen. Außerdem sehen wir in der Schaffung von zusätzlichen Fördermöglichkeiten eher einen Beitrag zum immer unübersehbareren Förderdschungel in Österreich. Die JVP, deren Idee diese Förderung ist, sollte sich auf Bundesebene vielmehr dafür einsetzten, dass Studierende unabhängig ihres Hauptwohnsitzes an den Studienorten gleich behandelt werden und generell für alle Studierende die öffentlichen Verkehrsmittel günstiger zu benutzen sind.
  • Wenn schon Studienbeihilfe in Form von Förderung eines Semestertickets durch die Kommune, dann gebunden an die Kriterien zur Stipendienvergabe (wobei diese Kriterien zu hinterfragen sind) und somit sozial gestaffelt und leistungsorientiert.

 

Szenario 1: „Umwegrentabilität“

Durch die Unterstützung/Förderung von 100€/Semester sollen Studierende bewegt werden ihren Hauptwohnsitz in Ottensheim zu behalten bzw. wieder anzumelden. Dadurch kann die Gemeinde pro Studierende/Studierenden über den Finanzausgleich € 800,- lukrieren und ihre Gemeindefinanzen aufbessern.

  • Laut Erhebungen und Berechnungen der Verwaltung der Marktgemeinde, die dem Amtsvortrag beigelegt waren wird diese Rechnung nicht aufgehen: Viele Studierende haben ihren Hauptwohnsitz in Ottensheim, können aber selbstverständlich auch auf diese Förderung zugreifen.
  • Somit ergibt sich rechnerisch kein Sinn für diese Überlegung. Wir „investieren“ in ein Projekt, bei dem wir mit hoher Wahrscheinlichkeit das Ziel verfehlen werden.
  • Der mit Förderungen dieser Art gespeiste Kampf der Kommunen um Hauptwohnsitze ist ruinös und nicht zukunftsfähig. Er ist ein Beispiel der Kirchturmpolitik vergangener Zeiten, die wir hoffen endlich hinter uns lassen  lassen zu können.

Szenario 3: „Maßnahmen gegen den Brain-Drain“

Durch die Förderung des Semstertickets soll es Studierenden schmackhaft gemacht werden nach dem Studium wieder zurück zu kehren – Eine Strategie gegen den sogennannten „BrainDrain“, dem Abzug besonders talentierter oder ausgebildeter Menschen von ihrem Heimatort am Land in die Großstadt.

  • Damit jemand wieder nach Ottensheim zurückkehrt, hat damit zu tun ob sie/er in unserer Gegend interessante Arbeit in einer vernünftigen Entfernung findet und wie sie/er die Lebensqualität von Ottensheim bewertet. Im Bereich Lebensqualität hat Ottensheim viele Pluspunkte. Es gibt jedoch noch einiges zu tun. Daher finden wir, dass die Semesterticketeuros steuerungstechnisch sinnvoller in Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität von Ottensheim und Umgebung investiert werden sollten.
  • Um die Verbindung zu Studierenden aufrecht zu erhalten, beziehungsweise zu verbessern, gibt es bessere Modelle, wie  z.B.: das Kommunalkonsulat der Zukunfstorte. Leider hat sich die Mehrheit des Gemeinderates mehrmals gegen eine Teilnahme am Projekt Zukunftsorte entschieden, da die Sinnhaftigkeit dieser damals geringen und vor allem überschaubaren Investition nicht erkannt wurde. Lieber beschreitet die Mehrheit die ausgetretenen Pfade des alten Förderdschungels, ohne die Folgen dieser Entscheidung für das Gemeindebudget abzuschätzen.

Allgemein möchten wir zu diesem Thema noch folgendes anmerken:

Diese Art von Förderungen, erinnert etwas an die langjährige Praxis der Geldverteilung in einem südlichen Bundesland. Es werden Euro-100er mehr oder weniger sinnvoll verteilt. Vom Geist, der hinter einer solchen Politpraxis steht und vom „Steuerungseffekt“ der sich daraus ergab, kann Österreich mittlerweile nicht nur ein Lied singen und reicht gefährlich nahe ans Kaufen von Wählerstimmen heran.

Schlussendlich schlägt sich diese Förderung in den Ermessensausgaben der Gemeinde nieder. Diese Tatsache hat zur Folge, dass z.B.: für die Förderung von Vereinen, die unter anderem wesentlich zur hohen Lebensqualität in Ottensheim beitragen, weniger Budgetmittel zur Verfügung stehen werden, weil die Ermessensaugaben von Seiten des Landes mit einem Fixbetrag pro EinwohnerIn gedeckelt sind.

Das Gemeindebudget  ist kein Wunschkonzert und darf nicht für Wahlwerbeeffekte missbraucht werden.

Wir haben Verständnis für den Wunsch der JVP als Geldverteiler, als Big Spender, diesmal für die studierende Jugend, aufzutreten, indem sie in Jeder Gemeinde die gleiche, nicht auf die Situation der einzelnen Gemeinde abgestimmte, Forderung einbringen lässt. Wir finden mehrheitlich aufgrund der oben angeführten Argumente, diesen Wunsch als nicht angemessen, nicht richtig, für das Gemeinwohl.

Gemeinderätinnen haben das Gemeinwohl im Auge zu behalten und dürfen keine anlassbezogene Klientelpolitik betreiben.