Gewährung einer Gemeindeförderung an Studierende für die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln (Semesterticket)
Im Letzten Jahr hat die Mehrheit von pro O. in der 38. Gemeinderatssitzung gegen die Gewährung einer Gemeindeförderung an Studierende gestimmt. Bei der gestrigen 45. Gemeinderatssitzung haben die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte folgerichtig nun auch gegen die Verlängerung dieser Gemeindeföderung gestimmt, da sich die Grundlagen nicht verändert haben und die Überlegungen die vor einem Jahr zur diese Entscheidung geführt haben auch heute für uns gültig sind. Wir stehen konsequent zu unseren durch intensive Diskussion erarbeiteten Standpunkten, auch im Wahljahr. Wir verwenden das Gemeindebudget nicht für Stimmenfang. Hier unsere Überlegungen von vor einem Jahr, die für uns noch immer gültig sind:
Gewährung einer Gemeindeförderung an Studierende für die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln (Semesterticket)
Die Tatsache, wie in der Einleitung des Antrages formuliert, dass in diversen anderen Gemeinden, eine Förderung des Semestertickets gewährt wird, sagt noch nichts über die Sinnhaftigkeit/Richtigkeit einer solchen Förderung für die Gemeinde Ottensheim aus. Daher haben wir, pro O. Liste für Ottensheim drei Begründungen einer derartigen Förderung diskutiert.
Szenario 1: „Förderung von Studierenden“
Mit der Förderung des Semestertickets sollen Studierende aus Ottensheim unterstützt werden, damit sie besser, freier studieren können.
- Wir zählen Förderungen dieser Art (Studienbeihilfen) nicht unbedingt zu den Kernaufgaben einer Kommune. Diese Aufgaben müssen auf anderen Ebenen wahrgenommen werden. Die Gemeinden können nicht als Lückenbüßer für Versäumnisse in der Förderpolitik des Bundes und des Landes den Geldhahn willkürlich aufdrehen. Außerdem sehen wir in der Schaffung von zusätzlichen Fördermöglichkeiten eher einen Beitrag zum, laut Experten, immer unübersehbareren Förderdschungel in Österreich. Die JVP, deren Idee diese Förderung ist, sollte sich auf Bundesebene vielmehr dafür einsetzten, dass Studierende unabhängig ihres Hauptwohnsitzes an den Studienorten gleich behandelt werden, generell in Österreich für alle Studierende die öffentlichen Verkehrsmittel günstiger zu benutzen sind.
- Wenn schon Studienbeihilfe in Form von Förderung eines Semestertickets durch die Kommune, dann gebunden an die Kriterien zur Stipendienvergabe (Wobei diese Kriterien zu hinterfragen sind) und somit sozial gestaffelt und leistungsorientiert.
Szenario 2: „Umwegrentabilität“
Durch die Unterstützung/Förderung von € 100,-/Semester sollen Studierende bewegt werden ihren Hauptwohnsitz in Ottensheim zu behalten bzw. wieder anzumelden. Dadurch kann die Gemeinde pro Studierende/Studierenden über den Finanzausgleich € 800,- lukrieren und ihre Gemeindefinanzen aufbessern.
- Laut Erhebungen und Berechnungen der Verwaltung der Marktgemeinde, die dem Amtsvortrag beigelegt waren und Basis der Diskussionen im Sozialausschuß waren, wird diese Rechnung nicht aufgehen. Die Ausgaben der Gemeinde werden höher sein, als die zu erwartenden zusätzlichen Einnahmen durch Ummeldungen von Studierenden, da viele Betroffene bereits ihren Hauptwohnsitz in Ottensheim haben.
- Somit ergibt sich rechnerisch kein Sinn für diese Überlegung. Wir „investieren“ in ein Projekt, bei dem wir mit hoher Wahrscheinlichkeit das Ziel verfehlen werden.
- update 2015: Diese Rechnung ist nicht aufgegangen. Im letzten Jahr wurden € 5.600,- an Förderung ausbezahlt. 3 Personen haben sich wegen dieser Förderung laut Amtsvortrag nicht umgemeldet bzw. wieder in Ottensheim angemeldet.
- Der mit Förderungen dieser Art gespeiste Kampf der Kommunen um Hauptwohnsitze ist ruinös und nicht zukunftsfähig. Er ist ein Artefakt der Kirchturmpolitik vergangener Zeiten, die wir hoffen endlich hinter uns lassen zu können.
Szenario 3: „Maßnahme gegen den BrainDrain“
Durch die Förderung des Semestertickets soll es Studierenden schmackhaft gemacht werden nach dem Studium wieder zurück zu kehren – Eine Strategie gegen den sogenannten „BrainDrain“ am Lande.
- Ob eine Absolventin, ein Absolvent wieder nach Ottensheim zurückkehrt, hat damit zu tun ob sie/er in unserer Gegend interessante Arbeit in einer vernünftigen Entfernung findet und wie sie/er die Lebensqualität von Ottensheim bewertet. Im Bereich Lebensqualität hat Ottensheim viele Pluspunkte. Es gibt jedoch noch einiges zu tun. Daher finden wir, dass die Semesterticketeuros steuerungstechnisch sinnvoller in Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität von Ottensheim und Umgebung investiert werden sollten.
- Um die Verbindung zu Studierenden an den Studienorten aufrecht zu erhalten beziehungsweise zu verbessern, gibt es bessere Modelle, wie z.B.: das Kommunalkonsulat der Zukunftsorte. Leider hat sich die Mehrheit des Gemeinderates mehrmals gegen eine Teilnahme am Projekt Zukunftsorte entschieden, da die Sinnhaftigkeit dieser damals geringen und vorallem überschaubaren Investition nicht erkannt wurde. Lieber beschreitet die Mehrheit die ausgetretenen Pfade des alten Förderdschungels, ohne die Folgen dieser Entscheidung auf das Gemeindebudget abzuschätzen.
Allgemein möchten wir zu diesem Thema noch folgendes anmerken:
Diese Art von Förderungen, erinnert etwas an die langjährige Praxis der Geldverteilung in einem südlichen Bundesland. Es werden 100er mehr oder weniger sinnvoll verteilt. Vom Geist, der hinter einer solchen Politpraxis steht und vom „Steuerungseffekt“ der sich daraus ergab können die Österreicherinnen und Österreicher mittlerweile nicht nur ein Lied singen. Diese Anwendung des Fördersystems reicht gefährlich nahe ans Kaufen von Wählerstimmen heran.
Schlussendlich schlägt sich diese Förderung in den Ermessensausgaben der Gemeinde nieder. Diese Tatsache hat zur Folge, dass z.B.: für die Förderungen von Vereinen, die unter anderem wesentlich zur hohen Lebensqualität in Ottensheim beitragen, weniger Budgetmittel zur Verfügung stehen werden, weil die Ermessensausgaben von Seiten des Landes mit einem Fixbetrag pro EinwohnerIn gedeckelt sind.
Das Gemeindebudget ist kein Wunschkonzert und darf nicht für Wahlwerbeeffekte missbraucht werden.
Wir haben Verständnis für den Wunsch der JVP als Geldverteiler, als Big Spender, diesmal für die studierende Jugend, aufzutreten, indem sie in Jeder Gemeinde die gleiche, nicht auf die Situation der einzelnen Gemeinde abgestimmte, Forderung einbringen lässt. Wir finden, mehrheitlich aufgrund der oben angeführten Argumente, diesen Wunsch als nicht erfüllbar, nicht richtig, im Sinne des Gemeinwohls.
GemeinderätInnen haben das Gemeinwohl im Auge zu behalten und dürfen keine anlassbezogene Klientelpolitik betreiben .